Die Organisatorinnen des Schnuppertages Angela Mandel (v.r.) und Marlies Malec mit den Besucherinnen in der Tischlerwerkstatt der Handwerkskammer.©HWK/J.Stöppel
Den Schritt in eine neue Richtung wagen
Frauen und Mädchen schnuppern am „Kiek maal in Dag“ ins Handwerk.
Ostfriesland. Obwohl es bei der Berufswahl inzwischen diverse Möglichkeiten gibt, halten viele Mädchen und Frauen nach wie vor an den frauentypischen Berufen fest. Dabei sind die Aufgaben in den sogenannten Männerdomänen zunehmend moderner, anspruchsvoller und auch körperlich leichter geworden. Damit Frauen und Mädchen einen Einblick in die Arbeit und Organisation der regionalen Wirtschaft erhalten, hat der Beirat des Modellvorhabens „FrauenLeben in Ostfriesland“ der Ostfriesischen Landschaft den „Kiek maal in Dag“ ins Leben gerufen. Gemeinsam mit der Handwerkskammer für Ostfriesland, der Agentur für Arbeit Emden-Leer, dem Jobcenter Aurich und der Koordinierungsstelle Frauen und Beruf vom Landkreis Aurich haben sie zu einem Informations- und Schnuppertag in das Berufsbildungszentrum (BBZ) der Handwerkskammer in Aurich eingeladen. Ziel war es, den potenziellen, weiblichen Fachkräften die Chancen durch eine Ausbildung im Handwerk näher zu bringen.
„Der Frauenanteil im Handwerk ist deutlich größer geworden, aber da ist immer noch Luft nach oben“, mit diesen Worten begrüßte Dirk Bleeker, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer, die rund zehn Teilnehmerinnen des Kiek maal in Dag. Er ermunterte sie, den Tag zu nutzen und die Augen und Ohren offen zu halten.
Welche Optionen bestehen, den Job noch einmal zu wechseln, sei es nach der Elternzeit oder weil der Wunsch nach einem neuen Beruf immer stärker wird, dazu informierte Marlies Malec von der Agentur für Arbeit. „Frauen halten nach wie vor an den für sie klassischen Berufen fest, weil diese sich gut mit dem Familienleben vereinbaren lassen“, leitete sie ihren Vortrag zum Thema „Eine Entscheidung für eine neue Richtung – warum?“ ein. Das sei prinzipiell nicht schlecht, aber dadurch gebe es in diesen Bereichen auch eine große Konkurrenzsituation. Viele wagten den Schritt nicht, aus Sorge den neuen Job nicht mit ihren anderen Aufgaben vereinbaren zu können. „Seit 2020 gilt das neue Berufsbildungsgesetz. Dieses ermöglicht altersunabhängig eine Ausbildung in Teilzeit“, so die Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt. Das sei auch im Handwerk möglich. Dazu gebe es zwei Modelle, von denen eines die Ausbildung in Teilzeit zulässt, ohne dass die Lehrzeit verlängert werden muss. „Entweder wird die Wochenarbeitszeit so gekürzt, dass die Ausbildung trotzdem in der normalen Regelzeit absolviert werden kann. Oder die Wochenarbeitszeit wird deutlich reduziert, dafür kann sich die Dauer der Lehre bis zu einem Jahr verlängern“, zeigte sie den Frauen die verschiedenen Wege auf. Lediglich der Berufsschulteil sowie die Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisungen dürften nicht gekürzt werden. Finanzielle Unterstützung gebe es dabei auch von den zuständigen Ämtern. Allerdings sei jeder Fall ganz individuell, sodass es immer ratsam sei, einen persönlichen Beratungstermin zu vereinbaren. Wer sich nicht sicher sei, welches Amt für ihn zuständig ist, könne sich zunächst an die Koordinierungsstelle des Landkreises wenden, so Marlies Malec.
Im Anschluss verschafften sich die Frauen bei einem Rundgang durch die Ausbildungswerkstätten einen Eindruck von der Praxis. Die Lehrwerksmeister Holger Wulf (Kfz), Uwe Herzich (Tischlerei), Lars Plumeyer (Bau) und Gerhard Bensing (Elektro) warben bei dem Nachwuchs intensiv für eine Ausbildung in ihrem jeweiligen Gewerk. Darüber hinaus betonten alle, dass die Anzahl der weiblichen Auszubildenden zwar immer noch gering sei, diese sich aber in fast allen Fällen durch besondere Leistungen hervorheben würden. „Häufig schließen die jungen Frauen ihre Ausbildung als Beste ihres Jahrgangs ab und werden oft auch Kammer- oder sogar Landessieger“, ergänzte Angela Mandel, Geschäftsführerin des BBZ.
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