Der Bingumer Heinz Tirrel ist Segelmacher aus Leidenschaft und nutzt seine Fähigkeiten, um Schutzvorrichtungen vor dem Coronavirus herzustellen.©HWK/J. Stöppel
Mit neuen Ideen durch die Krise
Segelmacher Heinz Tirrel entwickelt Schutzvorrichtungen aus Segeltuch.
Ostfriesland. „Gemeinsam meistern wir die Krise“, lautet ein aktueller Slogan des Handwerks. Diesen Worten haben viele bereits Taten folgen lassen. Mit neuen Produkten und Dienstleistungen versuchen sie, während der Pandemie einen Beitrag zu leisten. Zu ihnen gehört auch Segelmachermeister Heinz Tirrel. „Ich war einer der Ersten, die Hygieneschutzwände aus Segeltuch hergestellt haben“, sagt er. Im Gespräch mit der Handwerkskammer für Ostfriesland erzählt der Bingumer, wie diese Idee entstanden ist und was seine Beweggründe waren.
Bereits zu Beginn der Pandemie Mitte März erreichte Heinz Tirrel ein Anruf. Damals konnten die Menschen noch ohne Einschränkungen sorglos einkaufen. Sein Freund Dennis Haken, Inhaber des HAKA Sonderpostenhandels in Leer, wollte seine Kassiererinnen vor Ansteckungen schützen. „Er hat mich gefragt, ob ich eine Idee hätte, wie man möglichst einfach eine Schutzvorrichtung an der Kasse anbringen kann“, erinnert sich der 52-Jährige. Und dann geht alles ganz schnell. Aus Acrylglas, auch bekannt als Fensterfolie, LKW-Plane und zwei Rohren fertigt Tirrel in gut drei Stunden die benötigte Ausstattung für seinen Freund an. Die Herstellung sei relativ simpel. Lediglich die vorgegebenen Maße müssten beachtet werden, erklärt er. Außerdem habe er bei der Auswahl der Plane, die zum Einfassen der Kanten dient, auf die Farbgebung des Unternehmens geachtet.
So kann der Segelmacher bereits am Nachmittag liefern. Da die Schutzscheiben oben und unten jeweils mit zwei Ösen versehen sind, lassen sie sich im Handumdrehen montieren. Mithilfe einer Deckenabhängung werden sie über den Kassenbereichen angebracht. „Wir haben sie so aufgehängt, dass unten noch etwa 15 bis 20 Zentimeter frei sind. So können die Kunden ohne Probleme bezahlen, aber der Oberkörper und vor allem das Gesicht der Kassiererin ist geschützt“, so Tirrel. Die Reinigung sei ebenfalls ganz leicht. Das Material sei sehr robust und könne mit Desinfektionsmittel oder normalem Glasreiniger gesäubert werden.
Anfangs sei die Spuckschutzwand aus Segeltuch noch ein wenig belächelt worden, erzählt er. Dann habe sich die Zahl der Infizierten und der daraus resultierenden, gesetzlichen Auflagen rasant weiterentwickelt. So werden noch vier weitere Betriebe auf ihn aufmerksam. Eine Eisdiele, eine Pizzeria, eine Tankstelle und ein Physiotherapeut. Alle bitten ihn, auch für sie etwas Passendes anzufertigen. Für Heinz Tirrel ist aber von Anfang an klar: „Ich wollte aus der Situation kein Kapital schlagen.“ Deshalb verkauft er die Vorrichtungen fast zum Selbstkostenpreis. „Ich wollte einfach meinen ganz persönlichen Beitrag zum Schutz vor dem Virus leisten“, erklärt der Segelmacher seine Beweggründe.
Die große Stärke des Handwerks ist seit jeher Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Die Handwerkskammer hat hierfür auf ihrer Webseite einen Handwerkermarkt ins Leben gerufen. Ziel ist es, systemrelevante Bereiche zu unterstützen und zum Beispiel die Nachfrage nach Schutzausrüstung zu fördern. Dort können Betriebe aus der Region über ihre speziellen Angebote informieren. Interessierte, die aufgenommen werden möchten, trägt Kerstin Muggeridge, Beauftragte für Innovation und Technologie, ein. Sie ist erreichbar unter Telefonnummer 04941 1797-29 oder E-Mail k.muggeridge@hwk-aurich.de.
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