In der Metallwerkstatt können die Jugendlichen von der Friederikenschule Großheide ihr handwerkliches Talent erproben. Sie bauen einen Miniklappstuhl aus Metall. Malte Strube (14 Jahre, vorne) aus Großheide möchte später Feinwerkmechaniker werden. Mit dabei sind (von links) Tilko Diekmann aus Berumbur, Connor Gatena aus Hage und Sören Alberts aus Münkeboe. Klassenlehrer Alexander Wadehn schaut den Jungen bei der Arbeit über die Schulter.
©HWK/W.Feldmann

Talentschmiede öffnet Tore

Jugendliche schnuppern Werkstattluft im Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer für Ostfriesland und der KVHS in Aurich.

18. April 2024

Ostfriesland. Wände streichen, im Büro arbeiten, Fliesen legen, kochen oder doch an Autos rumschrauben? Welches Talent habe ich? Und welcher Beruf passt überhaupt zu mir? Für viele Jugendliche ist der Einstieg ins Berufsleben mit vielen Fragezeichen versehen. Antworten erhalten derzeit rund 220 Schülerinnen und Schüler der 8. Klasse während eines Berufsorientierungsprogramms (kurz BOP). 

Innerhalb von einer Praxiswoche erkunden die 13- bis 15-Jährigen der Integrierten Gesamtschule (IGS) Aurich und der Friederikenschule Großheide die Werkstätten und Ausbildungsräume der Handwerkskammer für Ostfriesland und der Kreisvolkshochschule (KVHS) Aurich. Seit mehreren Jahren engagieren sich die Projektpartner in dem Programm des Bundesinstituts für Berufsbildung, welches von dem Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Ziel ist es, die jungen Leute frühzeitig auf die Berufswahl vorzubereiten und Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. „Manchmal starten die Jugendlichen mit falschen Vorstellungen darüber, was sie erwartet. Das führt zu überflüssigen Ausbildungsschleifen und für die Unternehmen zu Fehlinvestitionen. Die Nachwuchskräfte fehlen dann auf dem Arbeitsmarkt“, erklärt Klaus Barghorn, Abteilungsleiter des Berufsbildungszentrums Technologie. 

Drei Praxiswochen im April, Juni und November sind in diesem Jahr für insgesamt 690 Schülerinnen und Schüler von insgesamt acht allgemeinbildenden Schulen aus der Region vorgesehen. Von 18 Berufsfeldern dürfen die Jugendlichen zwei auswählen und diese an jeweils zweieinhalb Tagen erkunden. Zur Auswahl stehen unter anderem die Bereiche Holz, Hochbau, Farbe, Metalltechnik, Kfz-Technik, Pflege, Hotel, IT oder Mediengestaltung. Die Lehrwerksmeister und Ausbilder bieten handlungsorientierte Übungen an. In der Kfz-Werkstatt etwa wird ein Kundenauftrag vom Eingang über die Reparatur bis hin zur Rechnungsstellung bearbeitet. Auch werden Werkstücke erstellt, die mit nach Hause genommen werden dürfen. Beispielsweise in der Metallwerkstatt ein Miniklappstuhl als Handyhalter, ein Herz aus Kupferrohren in der SHK-Werkstatt oder ein auf Leinwand übertragenes Bild der amerikanischen Freiheitsstatue in der Malerwerkstatt. 

Fleißig wird gefeilt, gesägt, gestrichen, gemauert und gebohrt. Dabei wird der gelernte Schulstoff im Ausrechnen von Maßen und Umrechnen von Einheiten angewendet. „Bei uns wird den Jugendlichen klar, wo ihre Talente liegen und was ihnen Spaß macht. In der Praxis können sie den Beruf im wahrsten Sinne des Wortes erfühlen“, berichtet Klaus Barghorn. 

Im Vorfeld der Schnupperwoche besucht Projektkoordinatorin Hilke Lüschen (KVHS) in einer sogenannten Potenzialanalyse die Schulen und erarbeitet die Fähigkeiten und Berufswünsche der Teenies. Für Lehrer Alexander Wadehn von der Friederikenschule Großheide ist die Berufsorientierung ein echter Gewinn: „Die Schülerinnen und Schüler können ihre Stärken ausloten und erste Berufserfahrungen sammeln.“ Besonders die Potenzialanalyse findet er wichtig. Er bedauere, dass die Praxiswochen durch die Förderpartner von zwei auf eine Woche eingedampft wurden. Mit Sorge sieht er auf die Entwicklung, dass die Gelder für die Arbeit von Hilke Lüschen gestrichen werden sollen. „Wir haben einfach nicht die Kapazitäten neben dem Unterrichtsstoff, Berufswünsche für jeden Schüler adäquat und individuell auszuloten.“ Da müsse es ein Umdenken seitens der Förderpartner geben.  

In der SHK-Werkstatt sind Emely Fink (14 Jahre) aus Halbemond und Stella Sophie Küster (13 Jahre) aus Roggenstede begeistert am Löten von Kupferrohen. Sie wollen den Beruf zur Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik erlernen. Emely Fink erzählt, sie sei handwerklich begabt und habe im Werken immer die Note „Eins“. „Mir macht es auch Spaß etwas mit den Händen zu machen“, berichtet ihre Werkbank-Nachbarin Stella Sophie Küster. Auch könne sie sich vorstellen, eine Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin zu absolvieren. Ein Kurzpraktikum in einem SHK-Betrieb steht bei ihr demnächst an. Aha-Erlebnisse hat auch Malte Strube (14 Jahre) aus Großheide. Ihm und seinen Klassenkameraden macht die Arbeit in der Metallwerkstatt Spaß. Er kann sich später vorstellen, Feinwerkmechaniker zu werden. Auch bei ihm steht ein Praktikum in einem Betrieb an. 

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