
Rüdiger Lemm (v.l.), Thomas Bolbeth, Oliver Frevel Nora Kristin Czedaj, Joachim Sopha, Stephanie Wlodarski, Stefan Cibis, Renate Hoffmann, Heiko Henke, Bedra Duric, Bischoff Thomas Adomeit, Stefanie Seyfarth, Ralf Eckhoff, Hille de Maeyer, Hr. Oppenborn-Reccius, Hartmut Kahmann, Dr. Hildegard Sander, Jörg Klein
© Torsten Heidemann
„Moin Grundgesetz“: Was haben die Werte des Grundgesetzes mit uns zu tun?
Die Spitzenvertreter der Arbeitnehmerseite der norddeutschen Handwerkskammern treffen sich zur gemeinsamen Studientagung in Oldenburg.
3. September 2025
Ostfriesland/Oldenburg. „Die Spätfolgen von Corona, die Energie- und Klimakrise, kriegerische Konflikte, drohende Wohlstandsverluste und Aufrüstungsdebatten verunsichern nicht nur unsere Wirtschaft, sondern auch unsere Gesellschaft. Das merken wir alle, der Ton wird rauer. Es ist Zeit, sich wieder mit den gemeinsamen Werten zu befassen, die ein Miteinander mit Respekt und Verantwortung möglich machen!“ Mit diesen Worten begrüßte Stephanie Wlodarski, Vorstandsmitglied der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen e.V. (LHN) ihre Kolleginnen und Kollegen aus ganz Norddeutschland zur dreitägigen Studientagung „Moin Grundgesetz – Das Handwerk als Wertegemeinschaft und Stabilisator“ die vom Ende August in der Handwerkskammer Oldenburg stattfand.
„Handwerk ist eine Wertegemeinschaft!“, betonte Arbeitnehmervizepräsident Stefan Cibis in seiner Begrüßung. „Wir können unterschiedliche Blickwinkel auf verschiedene Themen haben – auch von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Wichtig ist und bleibt aber der respektvolle Umgang miteinander.“ Thomas Adomeit, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg und Beauftragter des Handwerks der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zeigt sich erfreut, dass das Handwerk eine Wertediskussion im Rahmen der Studientagung von Handwerk und Kirche führt. Er appelliert: „Gemeinsame Werte müssen wieder stärker in den Mittelpunkt rücken und sichtbar werden – in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Unser Grundgesetz bildet dafür ein gutes Fundament. Es weist in der Präambel auf die große Verantwortung vor Gott und den Menschen hin.“
Mit Dr. Dirk Oppenborn-Reccius, einem ausgewiesenen Experten aus dem Team der Landtagsjuristen aus Hannover, eröffneet sich eine breite und vertiefte Debatte um die wichtigsten Werte des Grundgesetzes, wie z.B. die Menschenwürde, die Freiheit des Einzelnen, der Gleichheit vor dem Gesetz, der Meinungsfreiheit, der Glaubens-, Bekenntnis- und Versammlungsfreiheit.
Dabei stellten sich Fragen wie: „Wo schützen uns diese Werte persönlich?“, „Welche Bedeutung haben sie im Umgang miteinander?“ und „Wie finden sie sich im Arbeitsleben wieder?“. Die Diskussion unter den Spitzenvertretungen der Arbeitnehmerseite machte sehr deutlich: Das Handwerk versteht sich nicht nur als Wirtschaftskraft, sondern auch als Wertegemeinschaft mit einer Verantwortung für den sozialen Zusammenhalt. Gemeinsame übergeordnete Werte lassen sich über betriebliche Leitbilder in den Betrieben verankern.
Susann Ruppert, Geschäftsbereichsleiterin der Handwerkskammer Oldenburg, gab einen Einblick, wie Leitbilder in Unternehmen entwickelt werden können und wie sie in einem Team klare und transparente Leitplanken geben. „Wichtig ist, Leitbilder nicht nur zu entwickeln, sondern sie zu leben“, betont die Beratungsexpertin. „Wenn ein Team gemeinsam definiert, was ihm wichtig ist – wie z.B. Offenheit, Verlässlichkeit, Respekt – können diese Werte dem Betriebsalltag einen insgesamt guten Rahmen geben.“
Ilse Endjes, Geschäftsführerin der „Tischlerei am Meer GmbH & Co. KG“ und Malermeisterin Frederike Mönnig zeigten aus Arbeitgebersicht auf, was für sie ein gutes Team bedeutet, von welchen Werten sie sich in der Führung leiten lassen und wie die gemeinsamen Werte in ihren Unternehmen gelebt werden. Jörg Klein, Vizepräsident der Handwerkskammer für Ostfriesland und Mitarbeitender in der Leitungsfunktion bei der „Lorenz-Bäcker-Victorbur GmbH“ brachte die Sicht der Beschäftigten ein. Das wertschätzende Miteinander ist für ihn das beste Rezept für ein funktionierendes Team.
In der anschließenden Abschlussdiskussion wurde deutlich, dass das Grundgesetz ein guter Leitfaden für die Entwicklung eines Leitbildes im Betrieb ist. Es werde immer wichtiger werden, die Betriebskultur und den Teamgeist im Handwerk nach außen zu tragen. Mit der Entwicklung eines Leitbildes ist dieses für viele Betriebe noch einfacher. „Dabei zeigt sich, dass der Gottesbezug in der Präambel kein Widerspruch zur Offenheit des Grundgesetzes gegenüber allen Religionen und gegenüber Nichtgläubigen ist. Auch an dieser Stelle zeigt sich die hohe Relevanz des Grundgesetzes für die aktuellen Themen der heutigen Zeit,“ so die Handwerkspastorin Hille de Maeyer. „Gleichzeitig bieten gemeinsame Werte in einer Welt voller Unsicherheiten einen Schutzrahmen der Verlässlichkeit, der heute wichtiger ist denn je“, resümiert Dr. Hildegard Sander, Hauptgeschäftsführerin der LHN, die dreitägige Studientagung. Die Tagung endet mit einem gemeinsamen Gottesdienst in der Sankt Lamberti-Kirche in Oldenburg.
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Zum Hintergrund
Die Studientagung wird organisiert von der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen e.V. (LHN), dem Ökumenischen Landesarbeitskreis Handwerk und Kirchen in Niedersachsen und jeweils einer norddeutschen Handwerkskammer. Sie findet einmal jährlich statt.
Die Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen e.V. (LHN) nimmt als politische Vertretung die gemeinsamen Interessen der sechs niedersächischen Mitgliedskammern auf Landesebene wahr. Mitgliedskammern sind die HWK Braunschweig-Lüneburg-Stade, die HWK Hannover, die HWK Hildesheim-Südniedersachsen, die HWK Oldenburg, Die HWK Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim und die HWK für Ostfriesland. Gemeinsam vertritt die LHN 86.500 Handwerksbetriebe und ihre 530.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Niedersachsen.
Ökumenischer Landesarbeitskreis Handwerk und Kirchen
Dem Landesarbeitskreis (LAK) gehören Vertreterinnen und Vertreter der handwerklichen Spitzenorganisationen sowie aller evangelischen Kirchen und aller katholischen Bistümer in Niedersachsen an. Ein strukturiert-kontinuierlicher Austausch der Beteiligten vertieft die Verbundenheit zwischen Handwerk und Kirchen. Regelmäßige Treffen, Veranstaltungen und Tagungen bieten Raum für die Diskussion sozialethischer Fragestellungen.